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O-Ring Werkstoffe

O-Ringe werden in der überwiegenden Mehrheit aus Elastomeren bzw. Gummi-Werkstoffen hergestellt. Der Begriff "Elastomere" hat seinen Ursprung in der Elastizität der Gummi-Werkstoffe, die sich schon unter geringer Krafteinwirkung verformen lassen, sich nach der Entlastung aber sofort in ihre Ausgangsform zurückziehen. Die Basis dieser Elastomere ist Kautschuk. Kautschuk kann als Naturkautschuk auf Plantagen gewonnen werden oder, wie für den O-Ring-Bereich heute üblich, fast ausschließlich als Synthesekautschuk in der chemischen Industrie produziert werden.

Um den vielfältigen Anforderungen an moderne Dichtungswerkstoffe gerecht zu werden, stehen neben diversen Basiskautschuken, auch innerhalb der Werkstoffgruppen, viele unterschiedliche Mischungen zur Verfügung. Jede dieser Mischungen hat ihre eigene, festgelegte und überwachte Rezeptur und besteht zusätzlich zum Basiskautschuk aus Füllstoffen, Weichmachern, Vulkanisationsmitteln, Verarbeitungshilfsmitteln und anderen Additiven.

Aus der Kautschukmischung wird im Formgebungsprozeß, der sog. Vulkanisation, der fertige O-Ring produziert. Hierbei wird in einem Formwerkzeug auf einer Presse durch Druck und Temperatur der plastische Kautschuk in einen elastischen Gummiwerkstoff umgewandelt.

Kurzbezeichnungen

chemische Bezeichnung
des Basis Polymers
Kurzbezeichnung nach Härte
(Shore A)
Farbe Tieftemp
(°C)
Hochtemp.
(°C)
kurzzeitig
(°C)
DIN ISO 1629 ASTM D 1418
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk NBR NBR 70
80
90
schwarz
schwarz
schwarz
-30
-25
-25
+100
+100
+100
+120
+120
+120
hydrierter Acrylnitril-Butadien-Kautschuk HNBR HNBR          
Fluorkautschuk FKM FKM 80 braun -15 +200  
Perfluorierter Kautschuk FFKM FFKM          
Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk EPDM EPDM EPDM
Standard
70

EPDM
Peroxid 70
 
schwarz
 
 
 
schwarz
 
 
-45
 
 
 
-50
 
 
+130
 
 
 
+150
 
 
Siliconkautschuk
/ Vinyl-Methyl-Polysiloxan
VMQ VMQ VMQ (Silicon) 70 rot -55 +200  
Fluorsiliconkautschuk / Fluormethyl-Polysiloxan FVMQ FVMQ          
Tetrafluorethylen-Propylen-Kautschuk FEPM FEPM          
Acrylat-Kautschuk ACM ACM          
Chloropren-Kautschuk CR CR          
Styrol-Butadien-Kautschuk SBR SBR          
chlorsulfoniertes Polyethylen CSM CSM          
Epichlorhydrin-Kautschuk ECO ECO          
Butadien-Kautschuk BR BR          
Butyl-Kautschuk IIR IIR          
Isopren-Kautschuk IR IR          
Polyesterurethan AU AU          
Polyetherurethan EU EU          
Naturkautschuk NR NR          

Allgemeine Werkstoffbeschreibungen

Acrylnitril-Butadien-Kautschuk – NBR

Im Bereich der Standarddichtungen wie O-Ringe und Radialwellendichtringe ist NBR der meist eingesetzte Werkstoff. Die Gründe hierfür sind die guten mechanischen Eigenschaften, der gute Abriebwiderstand, die geringe Gasdurchlässigkeit und die gute Beständigkeit gegen mineralölbasische Öle und Fette. NBR ist ein Copolymer aus Butadien und Acrylnitril. Der Gehalt an Acrylnitril kann je nach Verwendungszweck zwischen 18% und 50% variieren. Ein niedriger ACN-Gehalt verbessert die Kälteflexibilität zu ungunsten der Öl- und Kraftstoffbeständigkeit. Ein hoher ACN-Gehalt erhöht die Öl- und Kraftstoffbeständigkeit bei gleichzeitig sinkender Kälteflexibilität und steigendem Druckverformungsrest. Für ausgeglichene Eigenschaften haben unsere Standard NBR-Werkstoffe einen mittleren ACN-Gehalt von ca. 30%.

NBR ist gut beständig gegen:

  • mineralölbasische Öle und Fette
  • aliphatische Kohlenwasserstoffe
  • pflanzliche und tierische Öle und Fette
  • Hydrauliköle H, H-L, H-LP
  • Druckflüssigkeiten HFA, HFB, HFC
  • Siliconöle und Siliconfette
  • Wasser (max. 80°C)

NBR ist nicht beständig gegen:

  • Kraftstoffe mit hohem Aromatengehalt
  • aromatische Kohlenwasserstoffe
  • chlorierte Kohlenwasserstoffe
  • polare Lösungsmittel
  • Druckflüssigkeiten HFD
  • Bremsflüssigkeiten auf Glycolbasis
  • Ozon, Witterung, Alterung

Einsatztemperaturbereich:

  • Standardtypen -30°C bis +100°C (kurzzeitig 120°C)
  • Sonderqualitäten bis -50°C möglich

Fluorkautschuk – FKM

FKM-Werkstoffe haben sich in vielen Anwendungen durchgesetzt, in denen eine hohe thermische und / oder chemische Beständigkeit gefordert ist. FKM überzeugt weiterhin durch seine exzellente Ozon-, Witterungsund Alterungsbeständigkeit. FKM empfiehlt sich für Vakuumanwendungen aufgrund seiner sehr geringen Gasdurchlässigkeit.

FKM ist gut beständig gegen:

  • mineralölbasische Öle und Fette
  • aliphatische Kohlenwasserstoffe
  • aromatische Kohlenwasserstoffe
  • chlorierte Kohlenwasserstoffe
  • Druckflüssigkeiten HFD
  • pflanzliche und tierische Öle und Fette
  • Siliconöle und Siliconfette
  • Kraftstoffe
  • unpolare Lösungsmittel
  • Ozon, Witterung, Alterung

FKM ist nicht beständig gegen:

  • Bremsflüssigkeiten auf Glycolbasis
  • polare Lösungsmittel (z.B. Aceton)
  • überhitzten Wasserdampf
  • Heißwasser
  • Amine, Alkalien
  • niedermolekulare organische Säuren (z.B. Essigsäure)

Einsatztemperaturbereich:

  • -15 bis +200°C kurzzeitig +220°C
  • mit Sonderqualitäten ist -35°C erreichbar

Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk – EPDM

EPDM zeichnet sich durch einen großen Anwendungstemperaturbereich, eine gute Ozon-, Witterungs- und Alterungsbeständigkeit und eine gute Heißwasserund Dampfbeständigkeit aus. Peroxidisch vernetzte EPDM-Werkstoffe sind thermisch sowie chemisch höher belastbar und erreichen bessere Druckverformungsrest- Werte als schwefelvernetztes EPDM.

EPDM ist gut beständig gegen:

  • Heißwasser und Heißdampf
  • viele polare Lösungsmittel (z.B. Alkohole, Ketone, Ester)
  • viele organische und anorganische Säuren und Basen Waschlaugen
  • Siliconöle und Siliconfette
  • Bremsflüssigkeiten auf Glycolbasis (spezielle Qualität erforderlich)
  • Ozon, Witterung, Alterung

EPDM ist nicht beständig gegen:

  • alle Arten von Mineralölprodukten (Öle, Fette, Kraftstoffe)

Einsatztemperaturbereich:

  • -45°C bis +130°C (schwefelvernetzt)
  • -55°C bis +150°C (peroxidvernetzt)

Siliconkautschuk – VMQ

Siliconwerkstoffe zeigen eine ausgezeichnete Alterungsbeständigkeit gegen Sauerstoff, Ozon, UV-Strahlen und Witterungseinflüsse sowie einen sehr breiten Einsatztemperaturbereich mit exzellenter Kälteflexibilität. Silicon ist durch seine physiologische Unbedenklichkeit für Lebensmittel und Medizinbereiche geeignet. Silicon zeigt gute elektrische Isoliereigenschaften und hat eine hohe Gasdurchlässigkeit. Aufgrund der schwachen mechanischen Eigenschaften werden Silicon O-Ringe bevorzugt in statischen Anwendungen eingesetzt.

Silicon ist gut beständig gegen:

  • tierische und pflanzliche Öle und Fette
  • Wasser (max.100°C)
  • aliphatische Motoren- und Getriebeöle
  • Ozon, Witterung, Alterung

Silicon ist nicht beständig gegen:

  • Siliconöle und -fette
  • aromatische Mineralöle
  • Kraftstoffe
  • Wasserdampf über 120°C
  • Säuren und Alkalien

Einsatztemperaturbereich:

  • -60°C bis +200°C
  • mit Sonderqualitäten sind +230°C erreichbar


Werkstoffbeständigkeit

Die Wahl des richtigen Werkstoffes richtet sich im Wesentlichen nach der Temperatur- und Medienbeständigkeit.
Die genannten Temperatureinsatzbereiche der einzelnen Werkstoffe gelten für den Einsatz in Luft, bzw. in Medien die im angegebenen Temperaturbereich keine aggressive Wirkung auf das Elastomer haben. Die thermische Überlastung eines Werkstoffes führt im Normalfall zu einer Verhärtung und zu einer zunehmenden bleibende Verformung. Generell gilt, dass die Überschreitung des zulässigen Temperaturbereiches (auch kurzzeitig) zu einer Verringerung der Lebensdauer führt.
Die Medienverträglichkeit wird beurteilt nach den Eigenschaftsänderungen, die das Elastomer durch physikalische und chemische Einwirkung im Kontakt mit dem Medium erfährt. Diese Eigenschaftsänderungen sind z.B.:

  • Volumenänderung
  • Quellung durch Absorption des Mediums in den Werkstoff
  • Schrumpfung durch Extraktion von löslichen Mischungsbestandteilen (meist Weichmacher) aus dem Werkstoff
  • Härteänderung (Erweichung oder Verhärtung)
  • Änderung von Reißfestigkeit und Reißdehnung
Die zulässigen Werte für die Eigenschaftsänderungen sind fließend und richten sich nach dem jeweiligen Anwendungsfall (statisch, dynamisch, Standard oder kritisch).



Härte

Die Härte von Normprobekörpern und Fertigteilen wird geprüft entsprechend:
Shore A nach DIN ISO 7619-1
(ehemals DIN 53505)
bzw. ASTM D 2240
oder
IRHD nach DIN ISO 48 Mikrohärte IRHD
(International Rubber Hardness Degrees)

Bei der Härteprüfung wird der Widerstand der Gummiprobe gegen das Eindringen einer Prüfspitze unter einer definierten Druckkraft gemessen. Shore A und Mikro IRHD unterscheiden sich durch die Form der Prüfspitze und die Größe der Prüfkraft. Danach eignet sich die Mikro IRHD Prüfung besonders für Proben kleiner Querschnitte.
Die Härteskala reicht in beiden Fällen von 0 bzw.10 bis 100, wobei 100 dem Wert der größten Härte entspricht. Die Toleranz auf die Nennhärte eines Werkstoffes beträgt ±5 Shore A bzw. IRHD.
Härtevergleiche von Datenblattwerten (Prüfkörper mit parallelen Oberflächen) mit Werten von Prüfungen an O-Ringen (gekrümmte Oberfläche) können z.T. erhebliche Unterschiede aufweisen.



Reißfestigkeit und Reißdehnung

Beide Kennwerte werden im Zugversuch nach DIN 53504 bzw. ASTM D 412 ermittelt. Die Reißfestigkeit ist die zum Zerreißen einer Normprobe benötigte Kraft, bezogen auf den Querschnitt der ungedehnten Probe. Die Reißdehnung ist die erreichte Dehnung einer Normprobe im Augenblick des Zerreißens (angegeben in % der markierten Messlänge).



Weiterreißfestigkeit

Die Weiterreißfestigkeit kann an einer Streifenprobe oder an einer Winkelprobe ermittelt werden. In beiden Fällen wird die Kraft gemessen, die ein definiert eingeschnittener Normprüfkörper dem Weiterreißen entgegensetzt (bezogen auf die Probendicke).



Tieftemperaturbeständigkeit

Die mechanischen Eigenschaften von Elastomeren verändern sich mit der Temperatur. Mit fallender Tendenz nehmen Reißdehnung und Elastizität ab während Härte, Reißfestigkeit und Druckverformungsrest zunehmen. Je nach Elastomer wird früher oder später ein Punkt erreicht, an dem der Werkstoff so spröde und hart wird, dass er unter Stoßbeanspruchung glasartig bricht.
Um das Verhalten eines Werkstoffes bei tiefen Temperaturen beurteilen zu können stehen verschiedene Tests zur Verfügung. Unter anderem wird der TR10-Wert (Temperature Retraction) oder die Kältesprödigkeitstemperatur (brittleness point) ermittelt. Aus der Interpretation dieser Ergebnisse kann die praktische Tieftemperatureinsatzgrenze abgeschätzt werden.



Druckverformungsrest DVR (compression set)

Der Druckverformungsrest ist die bleibende Formänderung eines unter bestimmten Bedingungen definiert verformten Probekörpers nach seiner vollständigen Entspannung. Abhängig von Temperatur und Dauer der Verformung erreicht der Prüfling nach seiner Entspannung seine Ausgangshöhe nicht mehr vollständig zurück.
Die Prüfung erfolgt nach DIN ISO 815 oder ASTM D 395 B wobei das Ergebnis in % angegeben wird. Im Idealfall erreicht der Prüfkörper seine Ausgangshöhe vollständig zurück, dass entspräche 0% DVR. Zeigt der Prüfkörper überhaupt kein elastisches Zurückverformen aus dem verpressten Zustand, entspricht das 100% DVR.
Vergleichbar sind DVR-Ergebnisse nur, wenn Prüfmethode, Verpressung, Probengeometrie, Prüftemperatur und Prüfzeit übereinstimmen. Der DVR wird oft herangezogen um das Langzeitverhalten von Dichtungen im eingebauten, also verpressten, Zustand unter Temperatureinfluss zu beurteilen.
Eigenschaftsänderungen nach Alterung Um das Verhalten von Dichtungswerkstoffen unter Wärme- und / oder Medieneinfluss zu beurteilen, werden Alterungstests durchgeführt. Elastomerproben werden im Wärmeschrank in Luft oder in einem Kontaktmedium bei einer festgelegten Temperatur eine bestimmte Zeit künstlich gealtert. Vor und nach der Alterung werden Härte, Reißfestigkeit, Reißdehnung und Volumen gemessen und verglichen.
Je geringer die Änderungen der Werte umso besser ist die Eignung des Werkstoffes für dieses Medium zu beurteilen.

Wir erwarten gern Ihre Anfragen.